Verdi in Basel: Messa da Requiem - Konzertkritik

Gut, hat Giuseppe Verdi seine ursprüngliche Einstellung zu Totenmessen noch einmal revidiert. Denn eigentlich wollte er nie eine solche schreiben. Gar als „sinnlos“ hat er die Komposition einer weiteren Totenmesse bezeichnet. Letztendlich waren es der Tod des von ihm so sehr verehrten Dichters Alessandro Manzoni und in gewisser Weise auch die Enttäuschung über das Nichtzustandekommen der Uraufführung der von ihm initiierten „Messa per Rossini“, zu der er selbst den Schlusssatz „Libera me“ hinzugefügt hat, welche zur „Messa da Requiem“ geführt haben.

Für dieses monumentale Werk haben sich der Oratorienchor Baselland und der regioChor Binningen/Basel zusammengetan. Ein beeindruckender Klangkörper ist so entstanden und gemeinsam mit der Basel Sinfonietta und den Solisten standen so rund 170 Mitwirkende auf der Bühne. Nicht nur bildlich mutete das imposant an, auch klanglich durfte sich das voll besetzte Stadtcasino über gut eineinhalb Stunden musikalische Höchstleistung freuen. Irgendwo an der Grenze zwischen religiöser Andacht und dramatischem Operntheater beeindruckt Verdi bei der „Messa da Requiem“ mit einer werktreuen Klangsprache - allerdings im Operngewand.

Gleich von Beginn an zeigt sich, wie gut Orchester und Chor harmonieren. Dass die Basel Sinfonietta sich eigentlich der zeitgenössischen Musik verschrieben hat, steigert die Freude darüber, das Orchester mit diesem imposanten Werk von 1874 zu hören. Denn natürlich spielt das Orchester eine zentrale Rolle, nicht nur in den groß angelegten Tutti-Passagen, sondern auch in den von Verdi fein eingesetzten Soli. Etwa den Läufen im Wechsel von Klarinette und Fagott sowie der Trompetenfanfare im „Dies irae“ oder der richtungweisenden Fagott im „Quid sum miser“. Von Anfang an tragen die Streicher den Chor, decken ihn nicht zu, sondern heben ihn empor. Besonders schön ist das auch im „Recordare“, der Arie von Mezzosopranistin Claude Eichenberger und Sopranistin Katharina Persicke, zu hören. Letztere ist für die krankheitsbedingt ausgefallene Hrachuhí Bassénz eingesprungen. Wie wundervoll die beiden Solistinnen stimmlich miteinander harmonieren, ist hier ebenfalls deutlich erkennbar.

Das immer wieder kehrende „Dies irae“ als wohl bekanntestes Segment mit seinen donnernden Pauken und eruptiven Choreinsätzen hat absolut nichts von einem stillen Gebet. Hier entfaltet sich die volle Wucht der 170 Mitwirkenden in Chor und Orchester im Angesicht des Jüngsten Gerichts. Die homorhythmischen Chorpartien und die aggressiven Tremoli und Läufe in den tiefen Lagen der Streicher unterstreichen die Unruhe des immer wieder kehrenden und so den Schrecken und die Unausweichlichkeit des Todes verdeutlichenden Weltgerichts.

Definitiv ein Höhepunkt ist der Abschluss der „Sequenz“ mit dem „Lacrymosa“. In die Verzweiflung der vier Solistinnen und Solisten gelingt dem Chor ein sehr präsenter und dennoch subtiler Einstieg mit ausbalanciertem Klang. Michael Feyfar (Tenor) und Dominik Wörner (Bass) haben dabei mit Claude Eichenberger (Mezzosopran) und Katharina Persicke (Sopran) zwei stimmlich wirklich starke Partnerinnen.

Der Chor hingegen hat wiederum einen Vorteil, eigentlich aus zwei eigenständigen Chören zu bestehen. Nichtsdestotrotz fordert das doppelchörig ausgelegte „Sanctus“ alles von den beiden Chören ab. Eine Verdopplung der Stimmen nicht zu diffus klingen zu lassen gelingt den Sängerinnen und Sängern dabei sehr gut. Nicht minder herausfordernd ist das die Messe beschließende „Responsorium“, quasi ein Schnelldurchlauf des gesamten Requiemtextes. Sopranistin Katharina Persicke fleht dabei nochmals verzweifelt um Befreiung und Erlösung. Der Chor trägt das Motiv weiter, jedoch wesentlich leidenschaftlicher und optimistischer, dabei jedoch fast ein bisschen eingeschüchtert durch die Präsenz der Solistin. 

Das intensive Auseinandersetzen mit einem solch bedeutenden Werk, durch Kristine Jaunalksne mit dem regioChor Binningen/Basel und mit Fritz Krämer in der Gesamtleitung, wurde zurecht durch lang anhaltenden Applaus gewürdigt. (Katharina Kubon)